Reinhard Kahl hat mit einigen anderen Mitstreitern in den letzten Jahren eines der wichtigsten Netzwerke für Pädagoginnen in Deutschland aufgebaut, das hilft Schule umzubauen und einer modernen Wissensgesellschaft anzupassen. Sein Film „Archiv der Zukunft. Wie Schulen in Deutschland gelingen“ ist legendär, weil er gute Praxis aufzeigt statt sich im Maulen über mangelnde Veränderung zu verausgaben. Zu Recht konnte man sich fragen, wo denn die digitalen Medien in diesen Schulen bleiben. Sie spielten keine Rolle. Natürlich gab es immer schon Schulen, in denen sie sehr wohl eine Rolle spielten und sich sich auf den Weg zu neuen pädagogischen Ufern machten.
Ein Zitat aus dem Ankündigungstext läßt einen aber dann doch kopfschüttelnd zurück: „Im fünften Teil der Aula-Serie fragt der Bildungsexperte und Journalist Reinhard Kahl, wie die digitalen Medien das „Bulimie-Lernen“ unterstützen.“ (SWR 2 Wissen). Es zeigt sich, dass es den Bildungsexperten nicht gibt, denn der hätte eine zumindest ambivalente Beziehung zu Medien. Warum lässt der SWR diesen Journalisten zu Wort kommen, der zu 90 % gar nicht über digitale Medien spricht, sondern über das Denken und wie eine Schule beschaffen sein müsste, in der man das gerne tut. Kahl hat zu Recht kaum über digitale Medien gesprochen, weil er keine Ahnung davon hat. Wem ausser der Wikipedia keine Webseite oder Tool einfällt, dass in der Schule sinnvollen Einsatz finden könnte, der sollte sich gar nicht erst in einer Gegenrede versuchen. Warum kommen die kritischen Stimmen eigentlich immer von Menschen, die digitalen Medien gar nicht nutzen? Wahrscheinlich, weil die anderen es besser wissen. Gegenreden dazu gibt es genug, dazu empfehle ich einen Besuch des educamps am 19./20.3.
Dann redet Kahl auch über den LdL-Unterricht von Jean-Pol Martin. Das hat jedoch auch recht wenig mit digitalen Medien zu tun, sondern mit der Art und Weise wer wie wem etwas beibringt und welche Rolle der Lehrer in diesen Konstellationen spielt.
Disclaimer: Ich bin Mitglied des AdZ-Netzwerk, das DGB Bildungswerk, die Organisation, für dich ich arbeite ist sogar unterstützendes Mitglied und ich organisiere zusammen mit der Friedensschule in Köln seit 2010 sog. Regionalkonferenzen. Dort versuchen wir explizit digitale Medien und Schule zusammenzudenken.
Das AdZ-Netzwerk tut sich bislang wirklich recht schwer mit der Medienpädagogik, aber ich denke, dass sich das in nächster Zeit ändern wird. Die Strategiekonferenz in Wolfsburg hat gezeigt, dass viele AdZ-Mitglieder eine bessere digitale Vernetzung wollen.
Dann ist auch der erste Schritt hin zum Einsatz Neuer Medien im Unterricht getan. Vielleicht sollten wir Medienpädagogen im Netzwerk uns einfach mal öfter zu Wort melden. Wir könnten ja mal überlegen, was wir uns für Veranstaltungen auf dem nächsten Kongress vorstellen wünschen.
Das Protokoll der Gruppe „Schule 2.0“ von der Strategiekonferenz in Wolfsburg könnte da vielleicht ein erster Denkanstoß sein. Ich habe es in meinem Blog zum Download bereitgestellt: http://medienistik.wordpress.com/2011/03/14/nachtrag-zur-strategiekonferenz-protokoll-der-gruppe-schule-2-0/
danke fuer die interessanten informationen, Guido! 🙂
Ach Gott, vielleicht wäre es doch besser sich mit dem Text der Sendung als mit Pressetexten auseinander zu setzen, die einer besondern Logik des Schaums und des Gerüchts unterliegen. Also 1.: Dass die digitalen Medien ein Bulimie-Lernen unterstützen, wie es offenbar in einem Pressetext o.ä. steht, das halte ich für Quatsch und das wird von mir in der Sendung nirgends behauptet. Andernfalls bitte ich um Nachweis. 2.: Dass in der Sendung ein Versprechen des Pressetexts, was die digitalen Medien betrifft, nicht eingelöst wurde, mag sein, aber das ist nun das Problem (Schaum) des ungenauen Pressetexts. Die Sendereihe aus insgesamt 5 Teilen befasst sich mit den digitalen Medien aus der Sicht von fünf Autoren. Auf das ganze Projekt zielt offenbar die zitierte Ankündigung. Meine Verabredung mit der SWR-Redaktion war von Anfang an, dass ich die digitalen Medien für die Bildung und auch sonst eher für überschätzt halte und meine These ist, dass – auch bei einer gewissen Fermentierung durch das Digitale- die Chance ist, dass Menschen das wichtigste Medium für Menschen werden und nicht Maschinen, ob analog oder digital. (Etwas formelhaft, weil kurz, gesagt.) Darum geht es mir. Das betrifft nun zugegeben ein weites Feld und keines für Kurzkommentare. Ich habe dazu gesagt, was in 28 Minuten Rundfunkessay für mich möglich war. Darüber wäre zu debattieren – oder es als überflüssig zu übergehen. Herr Brombach zieht die Diffamierung vor. „Kahl hat zu Recht kaum über digitale Medien gesprochen, weil er keine Ahnung davon hat.“ … „Warum lässt der SWR diesen Journalisten zu Wort kommen…“ So beginnt man keine Debatte. So verwirft man sie, ob körperlich oder digital ist doch ganz egal. Darauf allerdings bestehe ich: Rücknahme oder Nachweis der Behauptung, ich hätte diese Dummheit behauptet, dass digitale Medien das Bulimie-Lernen unterstützten!!! – Die Sendung als Manuskript und Audio auf http://www.reinhardkahl.de
Lieber Herr Kahl,
meine Diffamierungen? Geschenkt, sie sind häufig ein Mittel um Diskussion anzuregen. Gerne entschuldige ich mich an dieser Stelle dafür und versuche etwas konkreter zu werden. Wenn ich sie richtig verstanden habe, dann hat ihnen der SWR in seiner Ankündigung etwas in den Mund gelegt, was sie so nicht hätten sagen wollen. Diese von mir erwartete Rücknahme der Behauptung sollten sie nicht mir, sondern vor allem dem SWR aussprechen, denn der titelt ihr Podcast so: „Bulimie-Lernen. Über die Eindimensionalität der Wissensgesellschaft“ Natürlich kommt dort nicht „digitale Medien vor“. Aber es ist ja Teil einer Reihe über digitale Medien. In dieser von mir im Titel gebrauchten Kombination stellen sie diese Behauptung nirgendwo auf. Im Text sprechen sie von Fässern, die gefüllt werden. Den Bezug zu digitalen Medien stellen sie aber nicht her, obwohl es doch in der Reihe eigentlich um den Einsatz und die Nutzung digitaler Medien geht. Meine vorgenomme Interpretation liegt also nahe, auch wenn sie es so mit keinem Wort sagen.
Ausgehend von ihrem Aufschlag beim SWR würde ich mich deshalb freuen, mit ihnen in eine Auseinanderstzung zum sinnvollen Einsatz digitaler Medien in der Schule einzutreten. Die Regionalkonferenz könnte dafür ein guter Ort sein. In einer Session dazu würden sicherlich noch viele andere Gegner und Befürworter digitaler Medien mitdiskutieren wollen.
@Tobias: Danke für das Protokoll, ich habe es gerade durchgelesen und möchte zum letzten Teil kurz etwas sagen: „Am Ende der Diskussion wurde die Frage erörtert, was das eigentlich „AdZ spezifische“ an der Art und Weise sein soll ,wie wir über den Einsatz Neuer Medien reden“ Um zu verstehen, wie digitale Medien helfen können das Kind in den Mittelpunkt zu rücken, sollten wir nach alter AdZ Art Geschichten vom Gelingen erzählen. Davon gibt es auch hier in diesem Blog immer mal wieder eine, aber es berichten auch viele andere bloggende Lehrer: http://www.edushift.de/2010/05/09/lehrer-bloggen-2/
Lieber Herr Brombach, den Austausch haben wir inzwischen – auch schon vor ihrem zweiten Eintrag – begonnen und uns auch für die adz-Regionalkonferenz in Köln verabredet. Das teile ich nicht ihnen mit, sondern den Mitlesern.
Für sie und für Sie nun eine Textprobe:
„Fest ?steht, ?inmitten ?eines ?Ozeans ?von ?Informationen? verliert? bloß?
geliehenes? Wissen ?an ?Bedeutung. ?Die? Schere ?zwischen ?Weltwissen ?und ?dem?
Wissen ?der ?Individuen? klafft ??immer ?weiter ?auseinander. ?Die ?alte ?Frage?
verschärft ?sich: ?Wie ?wird ?Information ?in? Wissen? verwandelt? ?Wie ?eigenen?
sich ?Individuen ?eine ?Welt ?enormer ?Möglichkeiten ?an? ?Jeder ?weiß ?etwas?
anderes. ?Jeder ?muss ?sich? entscheiden, ?was? er? wissen, ?und ?das ?heißt ?auch,?
wer ?er ?sein ?will. ?Die ?Individuen ?werden ?verschiedener. ?Kooperation ?wird?
wichtiger.? Der? Wunsch ?nach ?Zugehörigkeit ?wird? stärker. ?In? virtuellen?
Welten,? also ?in ?Möglichkeitswelten? steigt ?das ?Verlangen? nach ?Wirklichkeit.?
Dann ?stehen ?plötzlich ?in? einer ?Computer? ?und ?Medienwelt ?diese ?Geräte ?gar?
nicht ?mehr? im? Mittelpunkt. ?Werden ?dann ?Menschen? nicht ?das ?wichtigste?
Medium? für ?Menschen?? Man ?muss ?sich ?in ?diesem? Satz? das ?Wörtchen?
wieder? verkneifen. ?Es ?ist ?ja? nicht ?so, ?dass ?in ?der ?vordigitalen?industriellen?Eisenzeit? zum? Beispiel ?in ?den ?Schule ? die ?Menschen im Mittelpunkt standen. Sie wurden eher zu Maschinenmodulen diszipliniert. Sie lernten zu funktionieren.? Das? Wort? Lernen selbst wurde zum Zeichen für einen überwiegend passiven Vorgang…..“
Vielleicht sollte man nun weiter lesen und auch sehen in welchem Kontext Bulimie und Fässerfüllen stehen: http://www.reinhardkahl.de
[…] Nicht nur auf dem EduCamp in Bremen wurde diese Frage u.a. auf dem “Roten Bildungssofa” (Link zum Film kommt, sobald verfügbar) diskutiert, sondern auch im ADZ Netzwerk auf der Strategiekonferenz und im Blog von Guido Brombach. […]