Schule in Nürnberg

CC bc-nc-sa .joao xavi. (flickr)

Gestern habe ich vor Personalrät_innen aus dem Schulbereich einen Vortrag zum Thema: „Datenschutz in der Schule“ gehalten. Da es nicht nur meinen Vortrag sondern auch genügend Austausch gab, möchte ich hier über meine Erkenntnisse nachdenken. Den Personalrät_innen war es sehr wichtig, dass der Einsatz von Medien in der Schule keine Leistungsüberprüfung zuläßt. Am konkreten Beispiel der Veröffentlichung von Vertretungsplänen auf der Schulhomepage wurde die Sorge geäußert, dass daraus die Häufigkeit der Krankenstände der Kollegen abzuleiten ist. Gegenüber Moodle wurden Bedenken geäußert, weil hier die Logs protokolliert werden. So kann der Admin sehen, wann der Lehrer online war, wie oft, welche Dokumente er gelesen, welche er nur geöffnet hat usw.. Ich schlug vor, alle Protokolle zu löschen und alle Berichtsfunktionen auszuschalten. Wo keine Daten anfallen, können auch keine Begehrlichkeiten entstehen. Pause.

Frage: Und was ist mit den Schülerinnen? Ich warb für gleiches Recht für Alle. So wenig wie Lehrer überwacht werden wollen, so wenig empfinden Schüler das als angenehm. Ein Lehrer warf ein, dass man einer Aufsichtspflicht nachkommen muss und schon allein deswegen die Daten für die Lehrer transparent sein müssen.

Dann lass ich gestern nach dem Vortrag den Hinweis von Jöran:
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Das Video habe ich sofort angeschaut:

Darin fragt Doctorow zu recht: „Wie sollen wir Kinder für den Umgang mit ihrer Privatsphäre sensibilisieren, wenn wir sie ständig überwachen?“ Dabei lernen Kinder mit dem Überwachungssystem zu leben. Was das eben nicht nur bei Erwachsenen bewirkt, schneidet der Wikipedia-Artikel zur informationellen Selbstbestimmung an:

„Die freie Selbstbestimmung bei der Entfaltung der Persönlichkeit werde gefährdet durch die Bedingungen der modernen Datenverarbeitung. Wer nicht wisse oder beeinflussen könne, welche Informationen bezüglich seines Verhaltens gespeichert und vorrätig gehalten werden, werde aus Vorsicht sein Verhalten anpassen (siehe auch Panoptismus). Dies beeinträchtige nicht nur die individuelle Handlungsfreiheit sondern auch das Gemeinwohl, da ein freiheitlich demokratisches Gemeinwesen der selbstbestimmten Mitwirkung seiner Bürger bedürfe.“ (Wikipedia)

Es ist geradezu Teil einer verantwortungsbewußten (Medien)pädagogik, den Kindern ihren Freiraum zu lassen und sie nicht erst ab 18 für alt genug zu halten, ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch ausüben zu können. Dabei geht es natürlich nicht nur um Überwachung der Kinder beim Lernen wie im obengenannten Beispiel, sondern auch beim Spielen und Kommunizieren.

Die Personalräte sprachen immer von „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ und meinten natürlich ihren vorgesetzten Schulleiter. Dennoch scheint es mir schlüssig anzunehmen, dass dieses Motto auch auf eine Beschützerpädagogik passt. Gerade im pädadodischen Umfeld brauchen wir aber eine Kultur des Vertrauens, sonst wird die Konfrontation mit unangenehmen Inhalten auf einen Regelverstoß zurückgeführt. Damit wird jeder Diskussions- und Lernprozess im Keim erstickt.