Frage: Und was ist mit den Schülerinnen? Ich warb für gleiches Recht für Alle. So wenig wie Lehrer überwacht werden wollen, so wenig empfinden Schüler das als angenehm. Ein Lehrer warf ein, dass man einer Aufsichtspflicht nachkommen muss und schon allein deswegen die Daten für die Lehrer transparent sein müssen.
Dann lass ich gestern nach dem Vortrag den Hinweis von Jöran:
[qtweet 54872118848004096]
Das Video habe ich sofort angeschaut:
Darin fragt Doctorow zu recht: „Wie sollen wir Kinder für den Umgang mit ihrer Privatsphäre sensibilisieren, wenn wir sie ständig überwachen?“ Dabei lernen Kinder mit dem Überwachungssystem zu leben. Was das eben nicht nur bei Erwachsenen bewirkt, schneidet der Wikipedia-Artikel zur informationellen Selbstbestimmung an:
„Die freie Selbstbestimmung bei der Entfaltung der Persönlichkeit werde gefährdet durch die Bedingungen der modernen Datenverarbeitung. Wer nicht wisse oder beeinflussen könne, welche Informationen bezüglich seines Verhaltens gespeichert und vorrätig gehalten werden, werde aus Vorsicht sein Verhalten anpassen (siehe auch Panoptismus). Dies beeinträchtige nicht nur die individuelle Handlungsfreiheit sondern auch das Gemeinwohl, da ein freiheitlich demokratisches Gemeinwesen der selbstbestimmten Mitwirkung seiner Bürger bedürfe.“ (Wikipedia)
Es ist geradezu Teil einer verantwortungsbewußten (Medien)pädagogik, den Kindern ihren Freiraum zu lassen und sie nicht erst ab 18 für alt genug zu halten, ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch ausüben zu können. Dabei geht es natürlich nicht nur um Überwachung der Kinder beim Lernen wie im obengenannten Beispiel, sondern auch beim Spielen und Kommunizieren.
Die Personalräte sprachen immer von „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ und meinten natürlich ihren vorgesetzten Schulleiter. Dennoch scheint es mir schlüssig anzunehmen, dass dieses Motto auch auf eine Beschützerpädagogik passt. Gerade im pädadodischen Umfeld brauchen wir aber eine Kultur des Vertrauens, sonst wird die Konfrontation mit unangenehmen Inhalten auf einen Regelverstoß zurückgeführt. Damit wird jeder Diskussions- und Lernprozess im Keim erstickt.
“Wie sollen wir Kinder für den Umgang mit ihrer Privatsphäre sensibilisieren, wenn wir sie ständig überwachen?”
Genau!
Und das lässt sich für alle oft sehr anspruchsvoll formulierten demokratischen / emanzipatorischen / subjektorientierten (füge ein, was immer) erziehungsziele sagen.
(wie wollen wir Kinders kompetenzen fördern, selbst- verantwortlich, selbst- diszipliniert, selbst- kontrolliert, selbst- bestimmt, (für den bundeszentrale-sprech: als „mündige bürger“) zu handeln, wenn wir ihnen die befugnisse dazu immerzu vorenthalten und sie stattdessen von vorne bis hinten kontrollieren?
kinder haben ein recht darauf, ihr eigenes leben selbst zu bestimmen wie jeder andere mensch auch. die menschenrechte schließen die kinderrechte ( http://de.wikipedia.org/wiki/Kinderrechte) ein! aber auch die kinderrechtskonvention kann sie heute nur bevormundend, d.h. aus der perspektive der erwachsenen, formulieren. dagegen sehen freethechildren ( http://www.freethechildren.com/aboutus/index.php ) und K.R.Ä.T.Z.Ä ( http://kraetzae.de/ ) die sache der kinder aus ihrer perspektive. jede sich trotz emanzipatorischer absichtserklärungen immer in gewissem maße paternalistisch verstehende erziehung muss diese perspektive zumindest in den blick nehmen und über ihre integration in die gestaltung der beziehung zwischen erwachsenen und kindern ernsthaft nachdenken.