Die Sozialisation mit dem Medium Fernsehen hat uns beigebracht, dass Medien nicht viel mit der Realität zu tun haben. Das war lange Zeit auch die medienpädagogische Kritik am Fernsehn, der Unterschied zwischen Realität und Fiction würde zu stark vermischt und nicht mehr von einander unterschiedbar. Das Internet ist dagegen keine Parallelwelt, sondern Teil unserer Realität und genau da liegt wiederum die Kritik der Medienpädagogen. Zuviel Realität bzw. echtes Leben kann man wiederum den Nutzer_innen nicht zumuten, deshalb brauchen wir Weichmacher, die ein Internet zeigen, dass nichts mit der Realität zu tun hat. Die Befürworter_innen nennen es Kindernetz und meinen damit Filter, die das Internet verfremden. Mit dem JmStV könnte diese Idee schon bald Realität werden.

Ich will eine andere Metapher bemühen um das Problem zu verdichten. Der Strassenverkehr ist für Eltern ein graus. Hier hört der Spaß auf. Am Straßenrand zählen weniger gute Argumente, als vielmehr knallharte Regeln, es geht schließlich um das Leben unserer Kinder. Niemand käme auf die Idee den Straßenverkehr für Kinder zu filtern, um sie noch nicht sofort mit der harten Realität zu konfrontieren. Wir alle begreifen die Strasse als Teil unseres Alltags. Warum fällt uns das beim Internet so schwer? Weil Mediensozialisation in fiktionalen Kontexten begonnen hat? Das Internet ist Teil unseres Alltags und muß auch als solches erfahren werden. Es gibt nicht die Offline- und die Onlinewelt. Das alles verschmiltzt zu einer Suppe.

Solange es in meinem Alltag Strassen und Autos gibt, sehe ich nicht ein, warum nicht dieselben Regeln, die für die Strasse gelten, auch für das Internet gelten. Egal, wo meine Kinder unter die Räder kommen, die Folgen sind unter Umständen verheerend.