Faxmodem

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Für viele von uns ist diese Formulierung nicht so richtig zu verstehen, sie kommt aus einer Zeit, in der wir unser Modem eingeschaltet und eine DFÜ Verbindung aufgenommen haben. Nach dem Besuch des Internets wurde die Verbindung wieder geschlossen, weil minutengenau abgerechnet wurde. Es ging nicht um den grundsätzlichen Zugang zum Internet, sondern darum, dass Internetzeit ein ökonomisiertes Gut war.

Ebenso ging es uns mit dem Computer. Der wurde eingeschaltet, wenn ein Brief geschrieben werden musste. Nach getaner Arbeit wurde der Computer wieder ausgeschaltet. Es gab keinen Hibernate Modus, in dem der Computer verweilte, solange er nicht benutzt wurde, um sofort wieder verfügbar zu sein, als hätte man sich gerade einen Kaffee geholt und müsse nun wieder den Computer aus dem Bildungschirmschoner Modus aufwecken. Es geht mir nicht um Zeit, sondern um die Revolution des Always on: Wir leben in einer Zeit, in der die Frage, wie lange man am Tag online ist, keinen Sinn ergibt. Weil sie nicht ins Internet gehen, sondern immer da sind.

Für das, was ich Internet nenne ist dieser kleine Unterschied von immenser Bedeutung. Allgegenwart lässt den so gewöhnten Nutzer merkwürdig entscheinen, weil er immer auf der Suche nach dem Netz ist und im Gegensatz zu den Handynutzenden eine Datenverbindung meint.

Während es für die einen pure Energieverschwendung ist, das Internet zu allen nur denkbaren Themen zu befragen, hat es sich für die Anderen unmerklich in ihren Alltag integriert. Natürlich reden wir nicht von zwei verschiedenen Dingen, sondern nur von unterschiedlichen Gewohnheiten. Also antrainiertem Verhalten. Während die Einen kein Gebäude mehr betreten ohne sich vorher eingecheckt zu haben, sprechen die Anderen von Sucht. Während die Einen gelernt haben mit der Navigation auf ihrem Smartphone die Welt zu erschließen suchen die Anderen Hilfe bei Passanten um die richtige U-Bahn-Richtung zu finden.

Während meine Tochter mich im Auto fragt, was die Fabrik produziert, an der wir gerade vorbeigefahren sind, halten die Anderen die Suche nach der Antwort für pure Zeitverschwendung, ich halte diese Fragen für den ersten Schritt, sich für seine eigene Umwelt zu interessieren. In dem sehenswerten Video Shift Happens (hier übrigens in der neuen Version 5 im „Original“) werden die gigantischen Suchanfragen bei Google kommentiert mit „Wem hat man die Fragen vor Google gestellt?“

Die Antwort ist: Niemandem. Unsere antrainierten Gewohnheiten waren Andere. Unser Blick auf die Welt war nicht bestimmt von Fragen und Antworten. Jetzt aber können wir es gar nicht mehr abwarten, bis unser Handy jede auch noch so triviale Frage des Lebens beantworten kann. Deshalb fragen wir Siri nach dem Wetter oder bemühen die Wikipedia, wenn wir vor dem Kölner Dom stehen.

Das heisst, es findet eine andere Wahrnehmung von Welt statt und dabei ist die Technik nach Mc Luhan die „Extensions of Man“. Sie sind ausgelagertes Gedächtnis (Notizen zum Beispiel bei Evernote), Flügel (Vogelperspektive beim GoogleMaps routing), Datenbank für das Allgemeinwissen, Schrittzähler, u.s.w. All dies unterscheidet die Internetbewohner von den Besuchern, den Ins-Internet-Gehern.

Diese allerdings sehr grundlegende andere Art von Weltaneignung sorgt zunehmend für Inkompatibilitäten, früher hat man das digital Divide genannt. Damit waren dann aber immer die Privilegierten gegenüber den Armen Schweinen gemeint. Der von mir beschriebene Unterschied, hat damit wenig zu tun. Es geht ja nicht um ein nicht können, sondern um ein nicht wollen. Ins-Internet-Geher halten ihre Erschließung von Welt für die einzig richtige, Peter Kruse hat auch erklärt warum.

Die Herausforderung die sich in der nächsten Zeit stellt ist die Reflektion dieser Problematik. Es geht nicht darum, von der Schönheit des Internet zu überzeugen. Es geht darum, Verständnis füreinander zu entwickeln. Die Frage: „Warum brauche ich Twitter?“ ist vollkommen irrelevant, entscheidend ist zu verstehen, welche unterschiedlichen Formen der Bewertung und Gestaltung von Gesellschaft es gibt. In diesem Blogbeitrag sind davon ja auch nur zwei mögliche Blickwinkel benannt worden.