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Die Medien überschlagen sich ja geradezu mit Kritik gegenüber Twitter. Dabei wird übersehen, dass Twitter kein Nachrichtenportal ist, auch wenn sich immer mehr Zeitungen einen Account zulegen, sondern ein soziales Netzwerk in dem Menschen miteinander reden und Informationen austauschen. Bei Ereignissen wie Mumbai, dem Flugzeugabsturz im Hudson River oder auch dem Einsturz des Stadtarchivs in Köln wurde deutlich, dass Twitter auch ein Medium zur Übertragung von Nachrichten im Sinne der traditionellen Medien sein kann. Es ist aber vor allen Dingen ein soziales Netzwerk, der Vernetzungsanlass ist hier nicht immer nur die f2f Bekanntschaft, sondern vor allem ein inhaltliches Interesse. Ausser Geschriebenes erfährt man auf Twitter recht wenig von seinem „Gegenüber“. Das Bild ist klein und hat längst nicht so eine Bedeutung wie das in Facebook und Co der Fall ist. Es zählt also das, was man kommuniziert.

Natürlich sind die Nutzungsgewohnheiten grundsätzlich verschieden, dennoch ist es schwieriger sich anzumelden, als einen Tweet zu schreiben. D.h. Twitter schreit nach dem Rückkanal. Die Medien tun jedoch gerade so, als sei Twitter eine ernstzunehmende Konkurrenz. Das Problem hatten sie schon mit den Blogs. Die klassischen Medien haben jedoch viel stärker die Aufgabe, die Ereignisse z.B. von Winnenden zu verarbeiten, zu reflektieren. Stefan Niggemeier hat für HNA formuliert: „Unseren Medien fehlt es mehr an Reflexion als an Beschleunigung.“ Recht hat er Zeitung und Twitter sind so unterschiedlich wie Radio und Fernsehn. Es handelt sich um vollkommen unterschiedliche Produktionsbedingungen für Informationen. Die einen entstehen aus einer individuellen Befindlichkeit oder auch einer Beobachtung (Twitter), während die Anderen (Zeitung) recherchieren, Verläßlichkeit garantieren und in der Regel für eine sehr große Zielgruppe gedacht sind. Twitterbeiträge zur Grundlage eines Artikels für die Zeitung zu machen, ist in vielen Fällen unprofessionell.

Mangelnde Medienkompetenz und zwar nicht im technischen, sondern, wie bei themenriff.de zu Recht unterschieden, im inhaltlichen Sinne ist vor allem bei solchen Journalisten zu attestieren, die Twitterbeiträge zur Grundlage ihrer Printveröffentlichungen gemacht haben. Journalisten mit mangelnder Medienkompetenz, ja, die gibt es. Twitter als Kommunikationsmedium ist nicht schlecht, das wird im der aktuellen Diskussion immer wieder verwechselt, sondern die Art und Weise, wie vor allem Journalisten mit den Kommunikationsfetzen umgehen, welche Bedeutung sie ihnen beigemessen.

Vielleicht liegt es aber auch an unserer erlernten Art und Weise mit medial vermittelten Informationen umzugehen. Was öffentlich ist, das ist wahr. Das Gespräch in der Kneipe ist nicht-öffentlich, durch Twitter wird es das aber, deshalb muss umgelernt werden. Informationen müssen verifiziert werden, dass sage ich den TN meiner Seminare immer und mir wird entgegnet „na klar, alles ist immer  nur ein Ausschnitt und die Objektivität gibt es nicht“. Im täglichen Umgang mit Medien kommt dieses Bewußtsein aber selten zum Einsatz und so werden Tweets zu Belanglosigkeiten herabgestuft, ohne zu verstehen, dass die „Auseinandersetzung am Thresen“ bei Twitter öffentlich ist. In sehr großen Teilen auch eine Öffentlichkeit, die man ausblenden muss, dafür gibt es ja die Follower und die eigene Timeline.

Ich hoffe die eigentliche Botschaft ist klar geworden. Hinter Twitter stehen bis auf ein paar Robots Menschen, die kommunizieren und sich vernetzen wolen, nicht mehr und nicht weniger, es handelt sich nicht um einen Nachrichtenticker, auch wenn das im Einzelfall mal passiert ist.