Ich bin heute live auf der Big Brother Award in Bielefeld. Es handelt sich um einen Negativ-Preis für Unternehmen und Institutionen aber auch Einzelpersonen, die den Datenschutz mit Füßen getreten haben. In den Kategorien Behörden und Verwaltung, Politik, Technik, Verbraucher und Wirtschaft werden heute "Ehrungen" vorgenommen. Für mich ist das die erste Veranstaltung, bei der ich Live Bloggen werde.
Die Veranstaltung ist mehr als gut besucht. Eine gute Band ist dabei, sehr angenehm und unterhaltsam. Es wurden 350 Vorschläge eingereicht. Insgesamt mußt jedes Jurimitglied 1700 Seiten lesen. Es werden 6 Preise in 5 Kategorien vergeben, darüber hinaus wird ein Publikumspreis vergeben, der in den nächsten Tagen auf den Webseiten des BIG Brother Awards vergeben werden.
Der Preis geht an die Mitglieder des vierten Landtags Mecklenburg-Vorpommern
Der gesamte Landtag von Mecklenburg Vorpommern bekommt den Preis in der Kategorie Politik für das Aufzeichnen von Ton- und Bildaufzeichnungen in öffentlichen Räumen. Die Überwchung muss angeordnet werden, aber die Hürden sind leicht zu überwinden. Die Überwchung kann ausdrücklich auch bei unverdächtigten Personen durchgeführt werden, eine Begründung dafür gibt es nicht. Die Tonaufzeichnung kann eine Woche aufbewahrt werden. Es sind allerdings immer die Mittel zu wählen, die einen möglichst geringen Eiongriff in die Privatsphäre erlauben. Die Befugnis ist also verfassungswidrig.
Der Preis in der Kategorie Wirtschaft geht an Swift Society of Worldwide Financial Telecummication
Es geht darum Geldstörme von Terroristen ausfindig zu machen. Swift mit Hauptsitz in Belgien stellt der CIA Daten von internationalen Banktransaktionen zur Verfügung. Es werden aber nicht nur die Transaktionen nach USA überwacht, sondern weltweite Datenströme werden überwacht. Für einen solchen Datentransfer fehlt jegliche Rechtsgrundlage. Es müssen natürlich auf die Deutschen Banken und Sparkassen gefragt werden, wieso sie nicht ihren Datenschutzbestimmungen nachgekommen sind. So hätte verhindert werden müssen, dass die Daten an Dritte übergeben werden dürften.
Der Preis in der Kategorie Politik geht an die Innenministerkonferenz für den Beschluss eine gemeinsame Antiterrordatei einzurichten.
Damit
kommt es zu einem verfassungswidrigen Zusammenschluss von Polizei und
Geheimdienst. Die Konferenz spricht von einer notwenigen Verbesserung
von Polizei und Geheimdienst. Es wird verschwiegen, dass es sich um
eine Präventivdatei handelt, also nur um Verdächtige und deren
Wirkungskreis, also Familie etc. Die Terrordatei füher Islamistendatei
ist als Indexdatei vorgesehen. D.h. eine zweistufige Datei, mit einem
verdeckten Datensatz zu jeder Person. Ziel der Datei ist es staatliche
Macht mehr und mehr zu entgrenzen. Das Verfassungsbewußtsein der
Politiker scheint mit der Terrorismusbekämpfung immer weiter zu
schwinden. Der Award wird bewußt präventiv vergeben, da das Gesetz noch
nicht beschlossen ist.
Der Preis in der Kategorie Technik geht an die Phillips GmbH – Unterhaltungselektronik
Orange
Book beschreibt, wie eine beschreibbare CD und ein Brenner auszusehen
hat, dabei wird auch eine Seriennummer von Brennern auf die CD
gebrannt. Damit lassen sich CD's auf den Brenner zurückführen, was den
Verbraucher in Erklärungsnöte bringen kann. Das Verfahren von Phillips
trifft den Verbraucher, professionelle Vervielfältigungen wie sie vor
allem in Asien vorkommen, fallen natürlich durch dieses Raster, weil
sie ganz andere Brenner verwenden. Über die Leermedienabgabe wird der
Urheber an jedem verkauften Rohling beteiligt.
Der Preis in der Kategorien Behörden und Verwaltung geht an die Kultusministerkonferenz (KMK) der Länder
Die Erhebung schulstatistischer Daten wurde 2003 auf individualbezogene Daten umgestellt. Erhoben werden soll Geschlecht, Geburtsdatum, Förderschwerpunkte, Sprache, Migrationshintergrund u.v.m. Die KMK hat sich noch nicht einmal Gedanken über gewünschte Zwecke einer solchen Datenbank gemacht. Geschweige denn, was mit der Auswertung solcher Daten nach der Schullaufbahn passieren soll. Wer darf wann was womit? Diese Frage hat sich die KMK nie gestellt. Hat die KMK wahrgenommen, das sie in die Persönlichkeitsrechte von Kindern eingreifen.
Der Preis in der Kategorie Verbraucherschutz geht an den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV)
Warn und Hinweisdatei "Uniwagnis". Dabei handelt es sich um eine
Schwarze Liste. Darin befinden sich Mitglieder, die betrugsverdächtig
sind. In der Datei befinden sich 10 Mio Bundesbürger. Es gibt eine
geheime Skala bei dem Versicherungsinternen Scoringssystem. Davbei wird
nicht nur der Versicherungsnehmer verdächtigt, sondern auch alle am
Versicherungsfall beteiligten. Ein Eintrag bei Uniwagnis kann bedeuten,
dass man höhere Beiträge bezahlen muss oder höher eingestuft wird. Die
Kunden haben doch der Weitergabe der Daten zugestimmt, aber häufig
wissen die Kunden nicht, was sie unterschrieben haben. Es wird bewußt
vermittelt, es handele sich nur um eine Formalität. Dabei hat der Kunde
keine Alternative, wer nicht der Weitergabe der Daten zustimmt, bekommt
keine Versicherung. Transparenz scheint das letzte zu sein, was sich
die organisierte Versicherungswirtschaft wünscht.